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Heulage ist kein Pferdefutter

Heulage gilt bei vielen Pferdehaltern als praktische Alternative zu Heu – staubarm, wetterunabhängig und angenehm zu füttern. Doch was auf den ersten Blick wie eine moderne Lösung besonders für Husten-Pferde wirkt, birgt bei näherem Hinsehen erhebliche Risiken. Für Pferde ist Heulage kein geeignetes Grundfutter.

Was ist Heulage und wie entsteht sie?

Heulage ist ein Zwischenprodukt zwischen Heu und Silage. Das Gras wird nach dem Mähen nicht vollständig getrocknet, sondern nur angewelkt, bis es etwa 40 bis 60 Prozent Trockensubstanz enthält. Anschließend wird es zu Ballen gepresst und luftdicht in Folie verpackt. Durch den Sauerstoffabschluss beginnen Milchsäurebakterien, den im Gras enthaltenen Zucker in Milchsäure umzuwandeln. Der pH-Wert sinkt, wodurch sich das Futter konserviert. Die entstehende Gärung ist milder als bei Silage, aber deutlich stärker als bei Heu. Das Futter bleibt so monatelang haltbar, solange die Folie unbeschädigt ist.

Warum Heulage verlockend wirkt

Die Herstellung ist witterungsunabhängiger als bei Heu, weil die Trocknungszeit kürzer ist. Deshalb wird Heulage häufig in Regionen mit wechselhaftem Wetter eingesetzt. Sie ist nahezu staubfrei und wird von vielen Pferden gern gefressen. Gerade für Hustenpferde scheint sie auf den ersten Blick eine willkommene Lösung zu sein. Doch die Nachteile überwiegen bei weitem die Vorteile.

Botulismus – ein zentrales Risiko

Ein großes Risiko birgt die Gefahr des Botulismus. Dieses lebensbedrohliche Krankheitsbild wird durch das Gift von Clostridium botulinum ausgelöst – einem Bakterium, das sich unter Sauerstoffabschluss in verunreinigtem Pflanzenmaterial vermehren kann. Gelangen tote Kleintiere oder Vögel in den Ballen, kann sich das Toxin bilden. Das Problem ist besonders tückisch: Das gebildete Botulinumtoxin kann sich innerhalb des Ballens verteilen, sodass nicht allein die Stelle mit dem Kadaver gefährlich ist. Für Pferde ist dieses Gift extrem gesundheitsschädlich: Es führt zu Muskellähmungen, Fressunlust, Bewegungsstörungen und endet nicht selten tödlich. In veterinärmedizinischen Fallberichten werden jedes Jahr Fälle beschrieben, die zu Todesfällen geführt haben. Das Auffinden eines Kadavers im Ballen ist oft ein spätes Warnzeichen, denn toxinbelastetes Futter wurde mit der bereits entnommenen Heulage bereits verfüttert.

Schimmel und Fehlgärung – schwer zu erkennen

Auch Schimmel ist ein häufiger Verderbsgrund. Wird Heulage zu feucht oder zu trocken gepresst, kann die Gärung nicht stabil verlaufen. Sauerstoffreste im Ballen fördern Hefen, Schimmel und Fehlgärungen. Das Problem: Ein verschimmelter Ballen lässt sich bei Heulage kaum erkennen. Der typische Schimmelgeruch wird durch den säuerlichen Gärgeruch überlagert – der Ballen riecht scheinbar frisch, ist aber bereits verdorben. Damit gelangen unbemerkt Schimmelsporen und Mykotoxine in die Fütterung.

Zusammensetzung und Auswirkungen auf die Verdauung

Da Milchsäurebakterien den Zucker in der Heulage in Milchsäure umwandeln, enthält Heulage weniger Zucker, dafür aber auf dem Papier mehr bakterielles Eiweiß. Dieses ist aber bakterielles Protein und steht somit dem Pferd nicht zur Verfügung. Gleichzeitig ist der Energiegehalt durch den frühen Schnitt oft höher, während der Rohfaseranteil sinkt. Für leichtfuttrige oder stoffwechselempfindliche Pferde ist Heulage auch aus diesem Grund ungeeignet.

Einfluss auf die Darmflora

Die Milchsäure, die bei der Konservierung und nachher auch vermehrt im Darm entsteht, wirken sich zudem direkt auf die Darmflora aus. Der pH-Wert im Dickdarm sinkt leicht ab, was die empfindlichen, für die Faserverdauung zuständigen Mikroorganismen beeinträchtigt. Es kann zu Fehlgärungen, Gasbildung, Kotwasser und langfristigen Verdauungsstörungen kommen. Aber auch die Produktion von lebenswichtigen Stoffen wie Vitamine durch die Darmflora kann sich dadurch reduzieren, wenn diese Mikroorganismen zurückgedrängt werden. Besonders problematisch: Diese Veränderungen verlaufen schleichend. Die gesundheitlichen Folgen treten meist erst nach Monaten oder Jahren auf, wodurch der Zusammenhang mit der Fütterung oft nicht erkannt wird – insbesondere dann, wenn Heulage nur zeitweise gefüttert wird.

Praktische Probleme nach dem Anbruch und Nachhaltigkeit

Nach dem Öffnen eines Ballens hält sich Heulage nur wenige Tage. Sobald Sauerstoff eintritt, beginnen erneut Gärprozesse, und das Futter verdirbt rasch. Für kleine Pferdebestände ist dies kaum praktikabel, da sich ein einmal angebrochener Ballen nicht lange verwenden lässt. Hinzu kommt ein gravierendes Nachhaltigkeitsproblem: Jeder Ballen ist mit mehreren Schichten Kunststofffolie umwickelt, die nur schwer recycelbar ist. Der anfallende Plastikmüll belastet Umwelt und Entsorgungssysteme erheblich – eine ökologische Schwachstelle, die bei Heu zwar ebenfalls vorhanden ist, aber deutlich kleiner ausfällt.

Abwägung – kurz- und langfristige Perspektive

Heulage kann kurzfristig Vorteile bringen, etwa bei stark staubempfindlichen Pferden oder in Jahren mit schwieriger Heuernte. Doch diese Vorteile sind sehr begrenzt: Botulismusgefahr, Schimmelbildung, Veränderungen der Darmflora, übermäßiger Eiweiß- und Energiegehalt sowie die Umweltbelastung machen Heulage zu einem für Pferde ungeeigneten Futter im Alltag. Die Risiken überwiegen deutlich die kurzfristigen Pluspunkte.

Fazit

Eine gute Heuqualität lässt sich durch richtiges Trocknen, Belüftung und Lagerung sicherstellen – ganz ohne Gärprozesse und ohne die genannten Risiken. Hochwertiges, trockenes Heu bleibt damit das Grundfutter der Wahl für Pferde: natürlich, sicher und artgerecht. Und auch für die schimmelgeplagten Husten-Pferde gibt es mittlerweile andere Möglichkeiten.