Heuanalyse verstehen
Eine Heuanalyse liefert detaillierte Informationen über die Zusammensetzung des Futters. Sie ist die Grundlage, um die Fütterung an die tatsächlichen Bedürfnisse des Pferdes anzupassen und Mangel- oder Überversorgungen zu vermeiden. Für eine sachgerechte Beurteilung ist es wichtig, die einzelnen Analysewerte zu verstehen und im Zusammenhang zu betrachten.
Trockensubstanz (TS)
Heu enthält auch nach dem Trocknen noch einen geringen Wasseranteil. Die Trockensubstanz gibt an, wie viel Prozent des Futters nach vollständigem Wasserentzug übrig bleibt. Sie liegt bei gut getrocknetem Heu meist zwischen 85 und 90 %. Werte unter 85 % deuten auf ein erhöhtes Risiko für Schimmelbildung hin. Für die praktische Fütterung ist die Originalsubstanz (OS) maßgeblich, da sich daraus die tatsächliche Futtermenge berechnen lässt.
Rohasche
Der Rohaschegehalt beschreibt den anorganischen Anteil des Heus, also den Gehalt an Mineralstoffen und Spurenelementen. Stark erhöhte Werte können auf Verunreinigungen durch Erde oder Sand hinweisen. Leicht schwankende Werte sind je nach Standort und Pflanzenbestand normal und nicht zwangsläufig ein Hinweis auf schlechte Qualität.
Rohfaser
Rohfaser umfasst die Strukturbestandteile der Pflanzen, wie Zellulose, Hemizellulose und Lignin, die nicht enzymatisch im Dünndarm verdaut werden können. Sie sind aber für die Verdauung des Pferdes von zentraler Bedeutung, da sie im Dickdarm durch Mikroorganismen fermentiert werden und so Energie und andere wichtige Stoffe für das Pferd liefern. Ein Rohfasergehalt von etwa 28 bis 33 % gilt als günstig. Zu niedrige Werte deuten auf zu junges, energiereiches Heu hin, während sehr hohe Werte über 33 % auf stark verholztes, nährstoffärmeres Material hinweisen können.
Rohprotein
Das Rohprotein entspricht dem Gesamtanteil an Eiweiß im Futter. Eiweiß ist wichtig für den Muskelaufbau, das Immunsystem sowie zahlreiche Stoffwechselprozesse. Im Unterschied zum Rohprotein, was alle Eiweißarten umfasst, bezeichnet das Präcaecal verdauliches Rohprotein die Eiweiße, die vom Pferd im Dünndarm aufgeschlossen und verwendet werden können. Dieser Wert ist für die tatsächliche Eiweißversorgung des Pferdes relevant. Liegt das Präcaecal verdauliches Rohprotein beim Freizeitpferd unter 4% kann es zu einer Eiweißunterversorgung des Pferdes kommen, sodass über eine Zufütterung von eiweißhaltigen Futtermitteln (z.B. Esparsette oder Luzerne) nachgedacht werden sollte. Auch zu hohe Werte über 9% können problematisch sein, da eine Eiweißüberversorgung die Nieren belastet. Das Protein muss aber immer im Gesamten über Rasse und Nutzung des Pferdes betrachtet werden.
Rohfett
Der Rohfettgehalt ist im Vergleich zu anderen Futtermitteln in Heu meist gering. Fette sind als Bausteine für verschiedene Bereiche im Körper notwendig. Die Menge der Fette im Heu sind meist für eine Versorgung des Pferdes völlig ausreichend. Eine zusätzliche Gabe von Fetten ist nur in seltenen Fällen gegeben.
Zucker
Als Zucker werden in der Heuanalyse die wasserlösliche Kohlenhydrate zusammengefasst, die schnell ins Blut gehen können (z.B. Glucose, Saccharose, etc.). Fruktan ist in den Analysen in der Regel getrennt angegeben. Ein zu hoher Zuckergehalt im Heu kann bei stoffwechselsensiblen Pferden (z. B. mit Insulinresistenz oder EMS) äußerst problematisch sein. Für normale Pferde ist ein Wert in der Originalsubstanz von unter 10% besser unter 8% anzustreben. Für Pferde mit Insulinresistenz oder EMS sind Werte von unter 6% optimal. Zuckerwerte über 12 % sind für fast alle Pferde zu hoch. Solches Heu sollte vermieden werden.
Fruktan
Fruktan ist eine spezielle Form der Kohlenhydrate, die in Gräsern als Energiespeicher dient. Hohe Fruktangehalte gelten als Risikofaktor für Hufrehe und sollten insbesondere bei empfindlichen Pferden im Auge behalten werden. Werte von unter 6,5 % sind hier anzustreben, Werte über 8 % sind zu vermeiden.
Umsetzbare Energie (ME)
Die umsetzbare Energie beschreibt, wie viel Energie das Pferd aus dem Futter tatsächlich verwerten kann. Sie wird in Megajoule (MJ) angegeben und berücksichtigt die Energieanteile von Eiweiß, Zucker und Rohfaser. Für Freizeitpferde sind Werte unter 6,5 MJ ME pro Kilogramm Trockensubstanz ausreichend. Werte über 7,5 MJ ME deuten auf ein energiereiches Heu hin, das bei leichtfuttrigen Pferden zu einer Überversorgung führen kann.
Zusammenhänge zwischen den Werten
Die einzelnen Inhaltsstoffe stehen in engem Zusammenhang. Mit zunehmender Reife und Verholzung der Pflanzen steigt der Rohfaseranteil, während Eiweiß, Zucker und Fruktan abnehmen. Eiweißarmes Heu enthält häufig mehr Zucker und Fruktan. Diese Zusammenhänge erklären, warum sich Schnittzeitpunkt und Pflanzenbestand deutlich auf die Analysewerte auswirken.
Mineralstoffe und Spurenelemente
Die Analyse der Mineralstoffe und Spurenelemente ist in der Regel nur in Ausnahmefällen sinnvoll, etwa wenn im Blutbild sehr hohe oder sehr niedrige Werte festgestellt werden. In den meisten Fällen sind Pferde bei regelmäßiger Gabe eines hochwertigen Mineralfutters ausreichend versorgt. Abweichungen im Blut können zudem auch durch einen erhöhten Verbrauch im Stoffwechsel entstehen und müssen nicht zwingend auf einen Mangel im Futter zurückzuführen sein. Da eine Mineralstoffanalyse vergleichsweise kostenintensiv ist und oft keine zusätzlichen Erkenntnisse liefert, ist ihre Beauftragung meist nicht erforderlich.
Mikrobiologische Qualität
Bei Verdacht auf Verderb, muffigen Geruch oder sichtbaren Schimmel kann eine mikrobiologische Untersuchung Aufschluss geben. Sie ermittelt die Belastung durch Schimmelpilze, Hefen und Bakterien und dient zur Beurteilung der hygienischen Futterqualität. Dies ist insbesondere bei Hustenpferden oder Tieren mit empfindlichem Verdauungssystem relevant.
Bewertung und Anwendung der Ergebnisse
Die Analysewerte sind nur im Gesamtzusammenhang aussagekräftig. Sie müssen immer in Bezug auf Pferdetyp, Nutzung, Gesundheitszustand und Gesamtfutterration bewertet werden. Einzelne Extremwerte können auf Probleme bei Schnittzeitpunkt, Trocknung oder Lagerung hinweisen. Auf Basis der Ergebnisse lässt sich die Ration anpassen oder gezielt ergänzen, etwa durch eiweißreiche oder energiearme Futterkomponenten.
Wie alle Laboruntersuchungen unterliegt auch die Heuanalyse gewissen Messungenauigkeiten. Besonders bei sehr niedrigen Rohproteinwerten können größere Abweichungen auftreten, da die Bestimmung kleiner Konzentrationen technisch anspruchsvoll ist. Auch die Zucker- und Fruktanwerte zeigen je nach Methode und Labor teils erhebliche Unterschiede – Abweichungen von bis zu 30% sind möglich. Gründe hierfür liegen in der Probenaufbereitung, der verwendeten Messtechnik und der natürlichen Inhomogenität des Heus. Analysen liefern daher immer Orientierungswerte, die im Zusammenhang mit weiteren Beobachtungen und gegebenenfalls ergänzenden Untersuchungen interpretiert werden sollten.
Fazit
Eine Heuanalyse ist ein gutes Instrument der Fütterungsbewertung. Sie zeigt, welche Inhaltsstoffe das Pferd aufnimmt, und ermöglicht eine gezieltere Rationsgestaltung. Entscheidend ist dabei nicht nur das Vorliegen der Werte, sondern deren korrekte Einordnung. Gleichzeitig sollten die natürlichen Schwankungen und Messungenauigkeiten berücksichtigt werden, die besonders bei Zucker- und Eiweißbestimmungen relevant sein können. Analysen liefern Orientierungswerte, deren Aussagekraft erst durch fachliche Interpretation und die Einbeziehung weiterer Beobachtungen entsteht. Erst diese Gesamtbetrachtung führt zu einer bedarfsgerechten und gesunden Fütterung.
