Schwefel beim Pferd
Schwefel ist ein Mengenelement, das im Körper des Pferdes ständig benötigt wird, im Fütterungsalltag aber lange wenig Beachtung gefunden hat. Dabei ist Schwefel zentral für viele Strukturen, die Pferdehalter unmittelbar sehen: Hufe, Fell, Haut und Schleimhäute. Auch Stoffwechselprozesse im Hintergrund hängen davon ab, dass ausreichend schwefelhaltige Bausteine verfügbar sind.
Praktisch relevant wird Schwefel besonders dort, wo der Bedarf steigt oder die Verwertung nicht rund läuft. In der aktuellen Fütterungsdiskussion taucht Schwefel deshalb häufig im Zusammenhang mit Fellwechsel, Hautproblemen, Hufqualität und auch Atemwegsproblemen auf. Gleichzeitig gilt: Schwefel ist nicht gleich Schwefel – die Form, in der Schwefel vorliegt, entscheidet darüber, ob eine Ergänzung sinnvoll und gut verträglich ist.
Wofür Schwefel im Körper gebraucht wird
Der wichtigste Punkt ist, dass Schwefel vor allem über schwefelhaltige Aminosäuren wirkt. Aminosäuren wie Methionin und Cystein sind Bausteine von Proteinen und damit Grundlage für keratinhaltige Strukturen wie Hufhorn, Haare und Hautbarriere. Außerdem sind schwefelhaltige Aminosäuren in Schleim- und Schutzschichten von Bedeutung, etwa in den Atemwegen. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, dass eine unzureichende Schwefelverfügbarkeit die Qualität von Schutzbarrieren und hornbildenden Prozessen beeinträchtigen kann. (1)
Schwefel steht zudem in engem Zusammenhang mit dem Redox- und Entgiftungsstoffwechsel. Viele körpereigene Schutzsysteme arbeiten mit schwefelhaltigen Verbindungen, die helfen, oxidativen Stress abzufangen und Stoffwechselprozesse stabil zu halten. Gerade bei chronischen Belastungen wird deshalb nicht nur die absolute Zufuhr, sondern auch die Verwertbarkeit im Stoffwechsel relevant.
Wie Schwefel über die Nahrung aufgenommen wird
In der natürlichen Ration stammt Schwefel überwiegend aus Proteinquellen, also aus den Aminosäuren im Grundfutter. Heu und Weide liefern daher in vielen Fällen bereits Schwefel in physiologisch passender Form. Ob diese Versorgung „reicht“, hängt nicht nur vom Futter ab, sondern auch davon, wie gut der Darm und der Stoffwechsel diese Bausteine aufschließen und nutzen können. Sanoanimal beschreibt in diesem Zusammenhang, dass Pferde mit chronisch entzündlichen Prozessen im Darm einen deutlichen Schwefelmangel entwickeln können und dass Schwefelmangel sich in Bereichen wie Atemwegen, Hufen, Fell und Haut bemerkbar machen kann. (1)
Das ist auch der Grund, warum Schwefel nicht einfach als „mehr hilft mehr“ betrachtet werden sollte. Wenn die Ursache eher in einer gestörten Verwertung liegt, ist eine Ergänzung nur dann nachhaltig, wenn parallel die Grundlagen – insbesondere das Darmmilieu – verbessert werden.
Formen der Ergänzung: Schwefel ist nicht gleich Schwefel
In der Praxis werden vor allem zwei Formen diskutiert: elementarer Schwefel (häufig als „Schwefelblüte“ bezeichnet) und organisch gebundener Schwefel in Form von MSM (Methylsulfonylmethan). Elementarer Schwefel kann als Pulver zwar „natürlich“ wirken, ist als Ergänzung aber kritisch zu betrachten: Er kann Schleimhäute reizen, ist unangenehm in der Handhabung (Staub/Inhalationsrisiko) und die Aufnahme im Darm gilt als deutlich schlechter steuerbar als bei gut löslichen, organisch gebundenen Formen. Aus fachlicher Sicht ist elementarer Schwefel daher keine empfehlenswerte Standardlösung – vor allem nicht bei empfindlichen Pferden.
MSM ist eine organische Schwefelverbindung, die als Ergänzung in der Pferdefütterung am häufigsten eingesetzt wird. MSM wird in der Literatur als Nahrungsergänzung im Allgemeinen gut verträglich beschrieben; auch in Pferdestudien wurde MSM im Kontext von Belastung/Entzündung untersucht. (2)
Ist MSM die einzige gut verträgliche Form?
Für den praktischen Einsatz als Schwefel-Ergänzung in der Pferdefütterung ist MSM aktuell die verbreitetste und am besten akzeptierte Form, weil sie sich gut dosieren lässt und in der Regel gut vertragen wird. Wichtig ist dabei, realistisch zu bleiben: „gut verträglich“ heißt nicht, dass MSM für jedes Pferd in jeder Menge und über unbegrenzte Zeit automatisch sinnvoll ist. Auch bei MSM können bei empfindlichen Pferden Magen-Darm-Reaktionen auftreten, weshalb die Dosierung schrittweise und bedarfsgerecht erfolgen sollte. (3)
Wechselwirkungen und mögliche Risiken bei hoher, langfristiger Gabe
Ein wichtiger Punkt ist die Wechselwirkung zwischen Schwefel und Selen. In der Fachliteratur wird beschrieben, dass Schwefel als Antagonist die Selenverfügbarkeit beeinflussen kann. Das bedeutet nicht, dass MSM automatisch „Selen verdrängt“, aber bei sehr hoher und langfristiger Schwefelzufuhr kann es sinnvoll sein, die Selenversorgung im Gesamtkonzept mit im Blick zu behalten – besonders dann, wenn ohnehin grenzwertige Selenwerte oder Stoffwechselthemen bestehen. (4)
Ein zweiter Aspekt ist, dass Selen und Schwefel auch biochemisch eng verwandt sind. Sanoanimal beschreibt beispielsweise, dass bei Schwefelmangel bei der Bildung von Cystein Selen anstelle von Schwefel eingebaut werden kann, was zu veränderten Eigenschaften der entstehenden Verbindungen führen kann. Das unterstreicht, wie wichtig es ist, Schwefel nicht isoliert, sondern im Kontext des gesamten Stoffwechsels zu betrachten. (1)
Praktische Einordnung
Eine Schwefelergänzung ist vor allem dann sinnvoll, wenn Hinweise auf einen erhöhten Bedarf oder eine eingeschränkte Verwertung bestehen – etwa in Phasen hoher Belastung, beim Fellwechsel oder bei Pferden, bei denen Schwefel im Gesamtstoffwechsel eine Rolle spielen könnte. Dabei sollte MSM als gut steuerbare Form bevorzugt werden, während elementarer Schwefel („Schwefelblüte“) aufgrund der Reizwirkung und der schlechten Steuerbarkeit nicht als Standardempfehlung taugt.
Wenn Schwefel gezielt ergänzt wird, sollte das immer mit Blick auf das Gesamtsystem passieren: Grundfutterqualität, Eiweißversorgung (Aminosäuren), Darmgesundheit und die Spurenelementversorgung – insbesondere Selen. So bleibt Schwefel ein sinnvoller Baustein in der Fütterung, ohne neue Ungleichgewichte zu erzeugen.
Fazit
Schwefel ist für das Pferd ein zentraler Baustein für Horn, Haut und Schleimhäute und eng mit dem Stoffwechsel verbunden. In der Ration stammt Schwefel vor allem aus den Aminosäuren des Grundfutters, kann aber unter bestimmten Umständen sinnvoll ergänzt werden. In der Praxis ist MSM die gängigste und in der Regel gut verträgliche Ergänzungsform. Gleichzeitig sollte eine langfristig hohe Gabe nicht isoliert erfolgen, sondern immer im Zusammenhang mit Darmgesundheit und möglichen Wechselwirkungen – insbesondere zu Selen – betrachtet werden.
Quellen
(1) https://sanoanimal.de/pferd/pferdefuetterung/futterzusaetze/schwefelmangel-a/
(2) https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC2586020/
(3) https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC5372953/
(4) https://cawood.co.uk/blog/selenium-imbalance-in-horse-diets/
