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Organische und anorganische Spurenelemente

Spurenelemente sind für den Stoffwechsel des Pferdes unverzichtbar. Sie werden nur in sehr kleinen Mengen benötigt, übernehmen aber zentrale Aufgaben im Körper, etwa als Bestandteile von Enzymen oder als Regulatoren wichtiger Stoffwechselprozesse. In der Diskussion um Mineralfutter taucht dabei immer wieder die Frage auf, ob organisch oder anorganisch gebundene Spurenelemente „besser“ seien. Diese Gegenüberstellung greift jedoch zu kurz, denn entscheidend ist nicht die Bindungsform allein, sondern der Kontext, in dem sie eingesetzt wird.

Was bedeutet organisch und anorganisch überhaupt?

Die Begriffe „organisch“ und „anorganisch“ stammen ursprünglich aus der Chemie. Organische Verbindungen sind chemische Verbindungen, die Kohlenstoff als zentrales Strukturelement enthalten. Anorganische Verbindungen enthalten dagegen keinen Kohlenstoff in ihrer Molekülstruktur. Diese Einteilung beschreibt ausschließlich die chemische Struktur eines Stoffes und sagt nichts über Natürlichkeit, Herkunft oder biologische Wertigkeit aus. In der Pferdefütterung führt diese Begrifflichkeit jedoch häufig zu Missverständnissen, da „organisch“ fälschlicherweise mit „natürlich“ oder „besser“ gleichgesetzt wird.

Anorganische Spurenelemente liegen in Mineralfuttern meist als einfache mineralische Verbindungen vor. Häufig verwendete Verbindungstypen sind Oxide und Sulfate, seltener auch Carbonate oder Chloride. Diese Verbindungen liefern das Spurenelement in ionischer Form, die im Verdauungstrakt freigesetzt und anschließend aufgenommen wird. Ihre Wirkung ist gut kalkulierbar, weshalb sie sich besonders für eine stabile, langfristige Grundversorgung eignen.

Organisch gebundene Spurenelemente sind dagegen an organische Trägermoleküle gekoppelt. In der Praxis handelt es sich dabei meist um Chelate, bei denen das Spurenelement an Aminosäuren oder Aminosäurederivate gebunden ist. Diese Bindung kann dazu führen, dass das Spurenelement im Darm teilweise andere Transportmechanismen nutzt als freie Ionen, indem es über Aminosäure- oder Peptidtransporter aufgenommen wird, die weniger stark mit anderen Mineralstoffen konkurrieren.

In Mineralfuttern findet sich organisch gebundenes Selen häufig in der Deklaration als Selen aus Saccharomyces cerevisiae. Dabei wird Selen während der Fermentation von Hefen aufgenommen und in organische Strukturen eingebaut, vor allem in Form von Selenomethionin. Diese Form wird vom Körper gut aufgenommen, kann sich jedoch im Organismus anreichern, da Selenomethionin in körpereigene Proteine eingebaut werden kann. Gerade bei Selen ist daher besondere Zurückhaltung geboten, und eine ungezielte oder dauerhafte Ergänzung sollte vermieden werden.

Bioverfügbarkeit – ein häufig missverstandener Begriff

Im Zusammenhang mit organisch gebundenen Spurenelementen wird häufig mit einer höheren Bioverfügbarkeit geworben. Bioverfügbarkeit beschreibt, welcher Anteil eines Nährstoffs vom Körper tatsächlich aufgenommen und verwertet werden kann. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass eine höhere Aufnahme nicht automatisch eine bessere oder sinnvollere Versorgung bedeutet.

Organisch gebundene Spurenelemente können über andere Transportmechanismen im Darm aufgenommen werden als anorganische Formen. Dadurch gelangt unter Umständen ein größerer Anteil des Spurenelements in den Organismus. Anorganische Spurenelemente werden dagegen überwiegend als freie Ionen aufgenommen, wobei der Körper ihre Aufnahme stärker regulieren kann. Diese Regulation ist ein wichtiger Schutzmechanismus, um Überversorgungen zu vermeiden.

Welche Menge eines Spurenelements tatsächlich verwertet wird, hängt jedoch nicht allein von der Bindungsform ab. Wechselwirkungen mit anderen Mineralstoffen, die Zusammensetzung der Gesamtration, der Füllungszustand des Darms und der aktuelle Bedarf des Pferdes spielen eine entscheidende Rolle. Spurenelemente konkurrieren im Darm um Transportmechanismen, sodass eine theoretisch höhere Bioverfügbarkeit in der Praxis nicht automatisch zu einer besseren Versorgung führt.

Organisch gebundene Spurenelemente – gezielt eingesetzt

Organisch gebundene Spurenelemente können in bestimmten Situationen sinnvoll sein, insbesondere wenn ein konkreter Mangel ausgeglichen werden soll. Durch ihre teilweise bessere Verwertbarkeit können sie dazu beitragen, Versorgungslücken schneller zu schließen. Gerade in Phasen erhöhter Belastung oder nach längerer Unterversorgung kann ihr gezielter Einsatz Vorteile bringen.

Wichtig ist dabei, dass organische Spurenelemente nicht als dauerhafte Basisversorgung gedacht sind, sondern als zeitlich begrenztes Instrument mit klarer Zielsetzung. Eine pauschale oder langfristige Gabe ist nicht sinnvoll und kann im ungünstigen Fall zu Überversorgungen führen.

Grenzen und Risiken organischer Bindungsformen

Eine höhere Verfügbarkeit ist nicht grundsätzlich positiv. Spurenelemente wirken im Körper in sehr engen Konzentrationsbereichen. Wird über längere Zeit zu viel zugeführt, kann dies den Stoffwechsel belasten oder die Aufnahme anderer Spurenelemente hemmen. Besonders bei Elementen wie Selen ist die Grenze zwischen Bedarf und Überversorgung sehr schmal.

Auch organisch gebundene Spurenelemente unterliegen den natürlichen Konkurrenzmechanismen im Darm. Ihr theoretischer Vorteil relativiert sich daher im Gesamtkontext der Fütterung, insbesondere bei dauerhaftem Einsatz.

Anorganische Spurenelemente als Basis der täglichen Versorgung

Anorganische Spurenelemente eignen sich gut für die tägliche Grundversorgung im Rahmen eines ausgewogenen Mineralfutters. Sie ermöglichen eine stabile, kontrollierbare Zufuhr und lassen sich so dosieren, dass der Bedarf gedeckt wird, ohne das Risiko einer schleichenden Überversorgung einzugehen. Gerade für gesunde Pferde in der Erhaltungsfütterung stellen sie eine bewährte und sichere Basis dar.

Entscheidend ist dabei nicht die einzelne Bindungsform, sondern die Qualität des gesamten Mineralfutters und das ausgewogene Verhältnis der enthaltenen Spurenelemente zueinander.

Mythen rund um organisch und anorganisch

Ein weit verbreiteter Irrtum ist die Annahme, organisch gebundene Spurenelemente seien grundsätzlich natürlicher oder besser. Ebenso falsch ist die Vorstellung, anorganische Formen seien minderwertig oder schlecht verwertbar. Beide Bindungsformen haben ihre Berechtigung, wenn sie bedarfsgerecht und zielorientiert eingesetzt werden.

Fazit

Ob organisch oder anorganisch gebundene Spurenelemente sinnvoll sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Anorganische Spurenelemente eignen sich gut für die tägliche Grundversorgung und eine langfristig stabile Bereitstellung. Organische Spurenelemente können gezielt eingesetzt werden, um bestehende Mängel auszugleichen, sollten jedoch nicht dauerhaft und unkontrolliert gefüttert werden. Entscheidend ist immer das Gesamtkonzept der Fütterung, in dem Bedarf, Dauer und Zusammensetzung aufeinander abgestimmt sind.

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